Samstag, Dezember 05, 2009

Strategisches Kostenmanagement

Die Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/09 hat es deutlich gemacht: dem strategischen Kostenmanagement kommt eine entscheidende Bedeutung zu, will man in einer wirtschaftlich schwierigen Zeit befriedigende finanzielle Ergebnisse erzielen. Das bedeutet vor allem, fixe in variable Kosten wandeln, das Kostenniveau generell senken und diejenigen Kostenpositionen reduzieren, welche für die mittel- und langfristige Entwicklung des Unternehmens wenig relevant sind.



1. Die Herausforderung

Die kostenmäßigen Wettbewerbsvorteile eines Unternehmens entstehen daraus, indem man die vielen einzelnen Tätigkeiten in den Bereichen der Eingangslogistik, Entwurf, Fertigung, Marketing, Auslieferung und Kundendienst mit all ihren Verknüpfungen unter Berücksichtigung einer Vielzahl von Einflussfaktoren möglichst effektiv und effizient ausführt. Um dieses Ziel zu erreichen werden Instrumente wie strategisches Prozesskos-enmanagement, Zielkostenmanagement, Null-Basis-Budgetierung, Komplexitätskosten-Management, Cost-Benchmarking usw. eingesetzt.

Ein sinkendes Fixkostenniveau ist in unserer sich schnell verändernden Wirtschaft und Gesellschaft immer von Vorteil. Unter der Vielzahl der angewandten Methoden weist das klassische wertkettenorientierte Kostenmanagement unverkennbare Vorteile auf.


2. Strategisches und operatives Kostenmanagement

Man unterscheidet das eher mittel- bis langfristig ausgerichtete strategische Kostenmanagement vom kurzfristigen operativen Kostenmanagement. Viele Unternehmen verfügen nach wie vor über kein strategisches Kostenmanagement. Damit sind sie nicht in der Lage, bei sich verändernden Markt- und Beschäftigungssituationen schnell die richtigen Entscheidungen zu fällen. Sie gehen das Risiko ein, mit Kostensenkungsmaßnahmen für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit wichtige unternehmerische Ressourcen zu vernichten.

Abbildung: Schema strategisches Kostenmanagement



Die Berechnungsgrundlage des strategischen Kostenmanagements stellt die klassische Kostenrechnung dar. In den meisten Fällen erweist sich diese als genügend. Erfahrungsgemäß ist sie nur in Teilbereichen auf die Anforderungen der strategischen Analysen hin auszurichten. Dabei genügt es oft, wenn mit Schätzungen gearbeitet wird.


3. Unsere Methode des strategischen Kosten-managements

In der Folge will ich die von uns mit gutem Erfolg angewandten Schritte des strategischen Kostenmanagements umschrieben.


3.1 Ermitteln der strategierelevanten Wertschöpfungskette

Ausgangspunkt einer Kostenanalyse ist die Definition der Wertkette des Unternehmens und die Zuordnung von Betriebskosten und -anlagen zu Wertaktivitäten.

Die Wertschöpfungskette eines Unternehmens ist in einen breiten Strom von Tätigkeiten eingebettet. Jedes Unternehmen stellt eine Ansammlung von Tätigkeiten dar, durch die sein Produkt entworfen, hergestellt, vertrieben, ausgeliefert und unterstützt wird. All diese Tätigkeiten lassen sich in einer Wertkette darstellen.

Die Wertketten eines Unternehmens unterscheiden sich infolge unterschiedlicher Geschichte, seiner Strategie, seiner Methode zur Implementierung dieser Strategie und in den wirtschaftlichen Grundregeln der Tätigkeiten. Daher ist die Wertschöpfungskette eines Unternehmens einmalig.

Unternehmen der gleichen Branche können zwar ähnliche Wertketten haben. Die Wertketten von Konkurrenten unterscheiden sich aber häufig. Jede Wertaktivität setzt, um ihre Funktion zu erfüllen, jeweils gekaufte Inputs, menschliche Ressourcen sowie Technologie in irgendeiner Form ein. Wertaktivitäten lassen sich in zwei allgemeine Typen, in primäre und unterstützende Aktivitäten unterteilen (siehe dazu auch M. E. Porter: Wettbewerbs-vorteile).

Primäre Aktivitäten befassen sich mit der physischen Herstellung des Produktes und dessen Verkauf und Übermittlung an den Abnehmer oder Kundendienst. Unterstützende Aktivitäten halten die primären Aktivitäten unter sich selbst dadurch aufrecht, dass sie für den Kauf von Inputs, Technologie, menschliche Ressourcen und von verschiedenen Funktionen fürs ganze Unternehmen sorgen.

Wertaktivitäten sind daher die einzelnen Bausteine des Wettbewerbsvorteils. Verknüpfungen innerhalb der Wert-kette sind für eine strategische Kostenanalyse von besonderer Bedeutung.


3.2 Diagnostizieren der strategierelevanten Kostenantriebskräfte

Die Wertschöpfungskette gliedert ein Unternehmen in strategisch relevante und weniger relevante Tätigkeiten. Diese Unterscheidung vorzunehmen ist anspruchsvoll und kann nur unter Berücksichtigung einer Vielzahl von Einflussfaktoren aus

• Politik
• Wirtschaft
• Gesellschaft
• und regionalen Gegebenheiten

vorgenommen werden. Eine umfassende Auslegeordnung stellt die Grundlage dar, um strategierelevante Kostensenkungspotentiale erkennen zu können.

In den meisten Unternehmen fehlt heute ein systematischer Bezugsrahmen für die Kostenanalyse. Damit beruhen die strategierelevanten Kostenantriebskräfte auf Vermutungen und nicht auf fundierten Grundlagen. Eine sinnvolle Kostenanalyse untersucht daher die Kosten im Rahmen der Wertaktivitäten und nicht die Kosten des Unternehmens als Ganzes.

Die Zuordnung der Betriebskosten ist im Falle einer zweckmäßigen Kostenrechnung im Grunde unkompliziert.
Das Kostenverhalten eines Unternehmens wird durch Faktoren wie Betriebsgröße, Lernvorgänge, Kapazitäts-auslastung, Verknüpfungen innerhalb und außerhalb der Wertketten, Sortimentsgestaltung, Standorte, Ferti-gungstiefe u.a. erheblich beeinflusst.

Zwischen den Kostenantriebskräften einer Aktivität bestehen häufig Wechselwirkungen – und zwar von zweierlei Art: entweder verstärken sich Kostenantriebskräfte wechselseitig oder sie neutralisieren sich. Ein Unternehmen, das Erkenntnisse über die Wechselwirkungen von Kostenantriebskräften in strategische Entscheidungen umsetzen kann, kann sich damit eine dauerhafte Kostenvorteilsquelle erschließen.


3.3 Ermitteln der Wertketten der Wettbewerber

Die Wertkette dient ebenfalls als Grundinstrument zur Bestimmung der relevanten Kosten der wichtigsten Wettbewerber. Dabei besteht der erste Schritt darin, die Wertketten der Konkurrenten und die Art zu ermitteln, in der sie Aktivitäten durchführen.

In der Praxis gestaltet sich die Schätzung der Konkur-rentenkosten oft schwierig, da die direkten Informationen fehlen. Mit dem entsprechenden Erfahrungshintergrund ist es dennoch möglich, die Kosten der wichtigsten Wertaktivitäten der Wettbewerber abzuschätzen.

Bei Wertaktivitäten, für die sich die Kosten der Konkurrenten nicht direkt schätzen lassen, sollte auf Vergleiche zwischen dem eigenen Unternehmen und dem Konkurrenten zurückgegriffen werden. Dafür muss die relative Position des Konkurrenten in Bezug auf die Kostenantriebskräfte der betreffenden Wertaktivitäten ermittelt werden. Anhand der eigenen Kenntnisse des Kostenverhaltens werden dann die Unterschiede zu den Kosten der Wettbewerber geschätzt.


3.4 Eruieren der Kostenpositionen, welche sich ohne mittel- und langfristig negative Auswirkungen reduzieren lassen

Hier handelt es sich um den eigentlichen Nukleus des strategischen Kostenmanagements. Lineare Kostenreduktionen in Form von Entlassungen und Betriebsschließungen stellen eine wenig anspruchvolle Managementaufgabe dar. Höchst anforderungsreich wenn nicht gar eine Kunst stellen sie aber dar, wenn es darum geht, diejenigen Kosten-positionen zu eruieren, welche mittel- und langfristig die strategischen Zielsetzungen eines Unternehmens nicht beeinträchtigen.


3.5 Erarbeiten einer Strategie zur Verbesserung der relativen Kostenpositionen

Hier geht es darum, wie nun die vorgehend gewonnenen Erkenntnisse konkret umzusetzen sind. Dabei stehen für das Erarbeiten eines Kostenvorsprungs die beiden Grundstrategien

• Kontrolle der Antriebskräfte
• oder Umstrukturierung der Wertkette
im Vordergrund.

Dabei schließen sich diese beiden Quellen von Kostenvorteilen gegenseitig nicht aus. Im Gegenteil – gewöhnlich leiten erfolgreiche Kostenführer ihren Kostenvorsprung aus mehreren Quellen innerhalb der Wertkette ab. Dauerhafte Kostenvorteile ergeben sich nicht nur aus einer, sondern aus vielen Aktivitäten, und die Umstrukturierung der Wertkette spielt für den Kostenvorsprung häufig die entscheidende Rolle.

Für die Erarbeitung einer Strategie gilt es Einflussfaktoren wie Kostenantriebskräfte, Betriebsgröße, Lernkurven, Kapazitätsauslastung, Kontrolle von Verknüpfun-gen, Ermessensentscheidungen, Standorte sowie außerbetriebliche Faktoren zu berücksichtigen.


4. Kontakt

Dr. Andreas Würgler
WDP Würgler & Partner
Ruttigerweg 4
CH-4600 Olten
Tel. +41 (0)62 216 61 01
Fax +41 (0)62 216 86 90
E-Mail: wuergler@wdpmc.ch
Internet: www.wdpmc.ch

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