Montag, November 21, 2005

Die Wirtschaft entfernt sich vom Bürger

In der westlichen Welt und insbesondere den hoch entwickelten Volkswirtschaften machen sich immer mehr Symptome bemerkbar, dass sich die Wirtschaft vom Bürger entfernt. So erfüllt sie die wichtige Grundaufgabe, vor allem der breiten Masse durch die geldwerten Entschädigungen zu den materiellen Gütern des täglichen Bedarfs zu verhelfen, immer weniger. Dies ist bedenklich. Vor allem auch deshalb, weil wir durchaus die Möglichkeit besitzen, mit innovativen Geschäfts- und Arbeitsmodellen ein harmonisierteres und ergonomischeres berufliches Tun erreichen zu können.

Um dies zu verdeutlichen, möchte ich meine Überlegungen in den historischen Kontext stellen. Das Handwerk im Mittelalter war bezüglich Ergonomie kein Paradies. Zwar bestand eine Harmonie zwischen Familie, Heim und Arbeit. Die Familien hatten die Möglichkeit, das arbeitende Familienmitglied in seinem Beruf aus der Nähe zu begleiten, konnten ihm bei Bedarf zur Hand gehen. Das Grundverständnis für Anforderungen, Notwendigkeiten und Zwänge des handwerklichen Tuns war in der Gemeinschaft vorhanden.

Mit der Industrialisierung wurden die Menschen gezwungen, aus Gründen der Wirtschaftlichkeit resp. Wettbewerbsfähigkeit und natürlich dem ungehemmten Gewinnstreben des Manchestertums, sich an den Ort der Produktion zu begeben. Die Maschinen gaben den Takt des Arbeitsprozesses vor. Webmaschine und Fliessband bestimmten hartnäckig und unbarmherzig das Arbeitstempo.

Auf das Fliessband folgten erfolgreiche Pilotversuche mit Arbeitsgruppen und Teams, die gewisse Prozessfolgen oder sogar den gesamten Prozessablauf gemeinsam abwickelten. Qualität und Produktivität liessen sich in vielen Fällen steigern, die Arbeitszufriedenheit verbesserte sich. Aber der Mensch ist stets an die Produktionsmittel gebunden geblieben, die Produktionsmittel haben ihn noch nie begleitet. Während dies für die industriellen Arbeitsprozesse wohl noch für einige Zeit so bleiben dürfte, eröffnen sich mit den drahtlos funktionierenden Arbeitsgeräten ganz neue Möglichkeiten in Führung und Administration.

Unter der Voraussetzung, dass die technisch vorhandenen und weitgehend ausgereiften Elemente des Mobile Business verlässlich funktionieren, stehen wir in ergonomischer Hinsicht vor einer revolutionären Entwicklung. Für die administrativen Tätigkeiten ist dies mit den grossen Umbrüchen in der industriellen Fertigung zu vergleichen.

Was tun wir aber mit diesen vielversprechenden Möglichkeiten? Die Führungskräfte konzentrieren sich (zu) stark auf verwaltende Tätigkeiten. Zudem hindert das hektische Tagesgechäft sie daran, sich umsichtig mit den wichtigen Aspekten von Innovationen aus Managementsicht heraus auseinander zu setzen (siehe www.wdpmc.ch/HeadlineMobBusin.html). Die vielen potenziell interessanten neuen Geschäftsmodelle mit erheblichem Entwicklungspotential werden kaum genutzt. Der daraus resultierende Mehrwert und die damit verbundenen Wachstumsimpulse überlassen wir asiatischen Volkswirtschaften (siehe dazu auch www.wdpmc.ch/Publikationen.html). Wir verlieren mehr und mehr die Fähigkeit, die vorhandenen Technologien in tragfähige Geschäftsmodelle umzusetzen.

Wir kommen nicht darum herum, Menschen mit der Bereitschaft, sich für innovative Geschäftsideen leidenschaftlich einzusetzen, gezielter zu fördern. Sie sind die Zugpferde, die wir brauchen, um die vorhandenen Möglichkeiten auszuschöpfen und die Wirtschaft wieder näher zum Bürger zu bringen. In deren Sog werden dann auch die dringend benötigten Arbeitsplätze für breite Bevölkerungsschichten geschaffen. Im Bewahren und Verwalten von Bestehendem allein kann unser Heil nicht liegen.

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