Montag, November 21, 2005

Die entscheidende Voraussetzung für das ersehnte Wirtschaftswachstum

Am letzten Donnerstag war ich an einer Tagung. Die Referate waren erfrischend. Nicht alle in jeder Hinsicht überzeugend, aber der Gesamteindruck war gut.

In den jeweiligen Diskussionen zeigte sich ein Grundmuster, das ich häufig vorfinde. Die Probleme und kleinen Widersprüche bei den Vorträgen werden systematisch herausgefiltert und messerscharf analysiert. In dieser Hinsicht haben wir es zu wahrer Meisterschaft gebracht. Nichts geht in diesem Bereich unerkannt durch. Das gleiche Verhaltensmuster erleben wir bei WDP in den Workshops immer wieder (www.wdpmc.ch/Publikationen.html). Natürlich ist es wichtig, dass Schwierigkeiten lokalisiert, Ungereimtheiten aufgedeckt werden. Aber dürfen wir uns in dieser problemanalysierenden Position allzu gemütlich einrichten?

Wie sieht es mit der Begeisterung für neue Markt- und Produktideen aus? Wie viel Enthusiasmus bringen wir für innovative unternehmerische Ansätze auf? Das ist meiner Meinung nach der eigentliche Rohstoff für prosperierende Unternehmen und Wirtschaftswachstum, welches wir Europäer seit Jahren so sehr herbeisehnen. Hier sind die Fertigkeiten weit weniger ausgebildet. Mit unserer verbreiteten problemorientierten Sicht- und Vorgehensweise verlieren wir jene Energie, die wir für kräftige Begeisterungsschübe so nötig hätten. Leider hat sich diese Grundhaltung zwischenzeitlich in der Kultur vieler Unternehmen in beunruhigender Weise verfestigt. Mitarbeiter, die mit grosser Begeisterung für die vorhandenen potentiellen Möglichkeiten kräftig nach vorne stürmen möchten, werden zurückgebunden. Sie werden zum kulturellen Fremdkörper. Die Folgen solcher Konstellationen sind fatal. Der kreative Mitarbeiter, die offensiv agierende Mitarbeiterin werden zu Aussenseitern, resignieren, werden ausgeschieden oder verabschieden sich selbst. Viele leben diesen Drang dann in ihrer Freizeit bei Extremsportarten aus, welche zurzeit in Europa wohl nicht zufällig boomen.

Wir sollten in unseren politischen und wirtschaftlichn Gremien weniger über alle möglichen und unmöglichen finanz- und fiskalpolitischen Rezepte zur Belebung unserer Volkswirtschaften diskutieren. Vielmehr muss es meiner Meinung nach darum gehen, die bereits erwähnten hemmenden Kräfte nicht über Gebühr zu kultivieren, sondern die frei werdenden Energien auf Innovationen zu fokussieren.

Wie befriedigend ist es doch zu erkennen, dass überdurchschnittliche berufliche Anstrengungen endlich Früchte tragen. Die Genugtuung wird grösser sein, wenn es uns gelingt nicht bloss defensiv Besitzstände zu wahren, sondern uns offensiv neue Geschäftsfelder und –modelle zu erobern. Es muss in Politik und Wirtschaft eine Kultur gefördert werden wie im Sport: Nicht Verteidigung, sondern Angriff; nicht Besserwissen, sondern Bessermachen.

Das ist meiner Meinung nach das Fundament für den nachhaltigen Aufschwung. Und im Rahmen einer derartigen Aufbruchstimmung kommt der Rest fast von selbst.

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